Die mennonitische Jugendarbeit in Asunción war zunehmend eine Arbeit mit Universitätsstudenten geworden. Durch die Gründung der Studentenmission mit Leuten wie Konrad Polnau und später Egon Neufeld u.a. wurde auch klar, dass die Universität ein großes Missionsfeld ist. Was Theologie betraf, hing man aber noch sehr vom Ausland ab. Das Predigerseminar in St. Chrischona, später das MB Bibelseminar in Fresno, die FETA in Basel, die FTA in Giessen führten dahin, dass unsere Prediger sich zum Teil in der theologischen Landschaft Europas und Nordamerikas besser auskannten als in Paraguay.
Aber schon früh hatten weitsichtige Männer wie Rudolf Plett, Hans Wiens und Hans Pankratz gesehen, dass auch die Predigerausbildung in Paraguay langfristig öffentliche und akademische Anerkennung braucht. Gemeinsam mit dem Fresnoseminar wurden in den 70er Jahren zwei theologische Arbeiterkurse durchgeführt, die schon auf dem abgeschlossenen Abitur oder aber Lehrerseminarzeugnis basierten. Ich erinnere mich, dass wir 1983 im IBA noch Schüler mit vierter Klasse Primarschule sowie auch Universitätsstundenten in derselben Klasse aufnahmen. Aber intensiv wurde daran gearbeitet, mit Fletkursen einerseits Mitarbeiter auszubilden, die nicht viel Vorbildung besaßen, und andererseits das IBA akademisch aufzustocken, um in Paraguay eine vollwertige theologische Ausbildung anzubieten. Dieses Anliegen hat der Herr wunderbar gesegnet. Heute hat unsere theologische Fakultät der UEP, zu der nicht nur das IBA, sondern auch die Bibelseminare der Presbyterianer und Baptisten sowie das CEMTA gehören beinahe 300 Lizenziatstudenten. Möglicherweise ist dies die größte theologische Hochschule in Südamerika mit Ausnahme von Brasilien. Auf dem Campus CEMTA funktioniert außerdem die Musikfakultät, die hervorragend arbeitet und wohl gegenwärtig die beste Musikhochschule in Paraguay ist.
Aber bis zu diesem Ziel musste ein langer Weg zurückgelegt werden. Schon Rudolf Plett erkannte, dass gut ausgebildete Lehrkräfte der Schlüssel sind und erwarb mit ungeheurer Anstrengung neben seiner missionarischen Tätigkeit den Doktortitel in der nationalen Universität Asuncións. Alfred Neufeld, Marlene Enns, Flavio Florentin, Hartwig Eitzen, Rafael Zaracho, Darío Ramírez und in der Schwestergemeinde Werner Franz, Helmut Siemens, Ruben Driedger folgten (mit Promotionen meist im Ausland). Andere Dozenten erwarben ihren Magistergrad.
Den Anstoß zur Gründung einer evangelischen Universität gab die Krankenschwesternschule im Baptistischen Krankenhaus mit zwei energischen Frauen: Melita Wall und Geraldina Trussi. Aber sehr bald griffen die Baptistenkonferenz mit Osvaldo Velazquez sowie die mennonitischen Konferenzen mit Victor Wall und Werner Franz hinter diese Initiative. Auch die britischen Anglikaner mit ihrer beliebten Missionarin Miss Murphy und ihrem Programm zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen, und die Kirche der Jünger Jesu (Discípulos de Cristo – Colegio Internacional), die schon in der Ausbildung von Schulpsychologen aktiv waren, wurden Teil dieser Vision.
Groß war die Freude, als am 24. August 1994 das nationale Parlament einstimmig durch einen Gesetzeserlass die Universidad Evangélica del Paraguay gründete und gleich fünf Fakultäten ernannte, die ab sofort arbeiten durften. Das war für die Kirchengeschichte Paraguays ein einmaliger und außerordentlich bedeutender Schritt. Sogar die Katholische Universität mit ihrem Rektor Pater Uscher hatte tatkräftig mitgeholfen.
Als Alfred Neufeld aus dem Doktoralstudium zurückkam und wieder die Verantwortung für das IBA übernahm, wurde es seine Aufgabe, die theologische Fakultät zu organisieren und aufzubauen. An einem denkwürdigen ersten März 1995 unterschrieb Dr. Johannes Bergmann für das CEMTA, Dr. Dionisio Ortiz für das Baptistenseminar und er für das IBA ein Memorandum, wo diese drei historischen Schulen die neu gegründete theologische Fakultät der UEP bilden würden. Die Studentenzahl stieg dadurch kontinuierlich an, so dass IBA und CEMTA nun schon seit einiger Zeit jeder etwa 100 Studierende haben und beide einen beachtlichen Anteil von Studenten aus dem Ausland.
Da unsere Vereinigung durch ihr wachsendes Programm mit den Gutenbergschulen diese Arbeit zu einem wichtigen Missionszweig erklärte, trat die Frage der Lehrerausbildung immer stärker in den Vordergrund. In einer historischen langen Debatte beschlossen die Delegierten einstimmig, in den Bereich Lehrerausbildung einzusteigen, wofür anschließend die UEP -FAHCE (Facultad de Humanidades y Ciencias de la Educación) im Jahre 1999 gegründet wurde. Victor Wall wurde ihr erster Dekan und entwarf den Masterplan für einen bedeutenden neuen Campus, heute Campus Gutenberg genannt. Um mehr Volumen zu bekommen und den Betrieb rentabler zu machen, sah man die Möglichkeit, in derselben Fakultät ab 2005 auch die Karriere von christlicher Sozialarbeit zu entfalten. In Paraguay war dieser Zweig sehr stark von einer sozialistischen Ideologie besetzt worden und es galt, diese wichtige Tätigkeit auf christliche Grundlagen zu stellen. Im Jahre 2009 übernahmen wir eine zweite Fakultät, die in Schwierigkeiten geraten war und uns angeboten wurde, die FALEVI (Facultad de Lenguas Vivas). Englischunterricht und Ausbildung von Englischlehrern ist ja vielerorts als missionarische Tür und als praktischer Kulturbeitrag gebraucht worden. Dies trifft für Paraguay in besonderer Weise zu. Auch die Krankenschwesternschulen in Loma Plata, Filadelfia und Yalve Sanga sowie das gemeinsame Lehrerseminar schlossen sich der UEP an, um auch stattlich gültige Universitätstitel vergeben zu können.
Und seit 2015 gibt es einen neuen großen Schritt – die Fakultät für Wirtschaftswissenschaft auf dem Campus Gutenberg. Der ganze Bereich von Wirtschaft, Betriebsführung, Finanzen und Buchhaltung ist bisher nur wenig christlich durchdacht und gelehrt worden, obwohl Leiterschaft und Ökonomie des Landes von diesem Fachbereich abhängen. Diese neue Fakultät birgt große Herausforderungen und Möglichkeiten. Neuerdings haben sich die Führungsakademien der Kolonien Neuland und Fernheim da angeschlossen.
Unsere UEP feiert am 25. August 2019 einen großen Dankgottesdienst im Kulturzentrum von Loma Plata. Der interkoloniale Männerchor wird singen und der Erziehungsminister will kommen. Universitätsbehördeleiter Dr. Hartwig Eitzen hält die Festansprache. Am Abend zuvor bringt die Musikfakultät ein großes Konzert.
Verglichen mit Universitäten, die mehr als 1000 Jahre alt sind, steckt die UEP noch in den Kinderschuhen. Aber schon können wir sagen, dass der Herr Großes getan hat.
Dr. Alfred Neufeld
Rektor der UEP
Dieser Artikel wurde entnommen aus der Juli-August Ausgabe der Zeitschrift Gemeinde unter dem Kreuz des Südens (GuKS) welche von der Vereinigung der Mennoniten Brüder Gemeinden Paraguays herausgegeben wird. HIER können sie die ganze Ausgabe lesen.