Die Gemeinde wird oft mit dem Sinnbild einer Schafherde verglichen. Das Konzept der „Gemeinde“ als Volk Gottes stammt aus dem Alten Testament. Die Tradition der Psalmen hat es empfunden, dass Gott wie ein Hirte sein Volk geführt hat: „Du führtest dein Volk wie eine Herde durch die Hand von Mose und Aaron.” (Ps. 77,21 L17) Der Psalmist vereint seine rückblickende Perspektive mit dem Sinnbild der Herde, mit dem er Gottes Volk bezeichnet. Dasselbe Sinnbild finden wir auch häufig in den Propheten, wo das Volk als eine Schafherde bezeichnet wird. Genauso finden wir Gott als den Hirten, der auf seine Lämmer Acht gibt: „Er wird seine Herde weiden wie ein Hirte. Er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen und die Mutterschafe führen.” (Jes. 40,11 L17) Der Prophet Hesekiel versucht es seinen Leuten klar zu machen, dass Gott auch im Exil mit seinem Volk ist: „Und ihr seid meine Herde, die Schafe meiner Weide; ihr seid Menschen, und ich bin euer Gott, spricht GOTT, der Herr.” (Hes. 34,31 SCL) Der Prophet mach klar, dass die Herde Menschen sind, im Unterschied zu ihrem Hirten und Eigentümer: Gott.
Nun gibt es wenig Grund zum Wundern, warum Jesus im Johannes Evangelium als Hirte bezeichnet wird, und das Volk als seine Schafe. Natürlich bringt er diese alttestamentliche Metapher zu Geltung, indem er sie auf sich selbst verwendet. Dieses Sinnbild wird nun aber dadurch verschärft, dass der Gott-Mensch Jesus selbst zum geopfertem Lamm wird. Wenn jemand vor die Hunde geht, dann sind es nicht seine Schafe, sondern der Hirte selber.
Ein kleiner Überblick über die Verwendung dieses Sinnbildes gibt uns den Hinweis, dass es in fast allen Texten, wo die Gemeinde als Herde bezeichnet wird, hauptsächlich um den Hirten dieser Herde geht. Wie beim Psalmisten, finden wir das Schwergewicht bei Gott dem Hirten. Genauso ist es bei den Propheten, die die Lämmer nie ohne Hirten auf die Bühne bringen. Der bekannte Psalm 23 verrät uns dieselbe Betonung: „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.” (Ps. 23,1-2 L17) Es geht wiederum um diesen guten Hirten und nicht in erster Linie um die Schafe, obwohl der Psalmist sich hier direkt als Schaf miteinbezieht.
Die Propheten legen die Betonung auch fast in jeder Situation auf den Hirten. Diese, wie vorhin gesehen, können auch Leiter eines Volkes sein. Wir finden in den Propheten mehrere Aufrufe zu den Leitern des Gottesvolkes. Der Prophet Sacharja ruft aus: „Mein Zorn ist entbrannt über die Hirten, und ich will die Böcke heimsuchen; denn der HERR Zebaoth hat seine Herde heimgesucht, nämlich das Haus Juda, und sie gerüstet wie sein Ross, das geschmückt ist zum Kampf.” (Sach. 10,3 L17)
Im Neuen Testament ist es nicht anders. Jesus ruft den seinen zu: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohl gefallen, euch das Reich zu geben.” (Luk. 12,32 L17) Wiederum geht es um den Vater. Der Hirte bekommt hier die größte Betonung, doch die Herde wird als klein und unbeholfen beschrieben. Paulus beschreibt die Gemeinde ähnlich: „Denn das weiß ich, dass nach meinem Abschied reißende Wölfe zu euch kommen, die die Herde nicht verschonen werden.” (Apg. 20,29 L17) Die hilflose Eigenschaft bleibt. Ist es nicht auffällig, wie hilflos Paulus und Jesus ihre Gemeinde beschreiben? Sehen wir uns auch so hilflos, oder haben wir eher eine starke und gesunde Gemeinde, die eigentlich ihren Hirten schon fast nicht mehr nötig hat? Nun, der Anschein kann vielleicht momentan so sein, doch das kann sich schnellstens ändern. In Paris und in Loma Plata haben Flammen riesige Inversionen in ein paar Stunden flach gemacht (ich hätte nie gedacht, dass ich Paris und Loma Plata noch mal im selben Satz nennen würde). Die Frage bleibt, worauf verlassen wir uns? Auf welchen Hirten hören wir? Folgen wir der Stimme unseres Hirten?
„Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.“ (Joh. 10:11 L17) Das Lamm, das geopfert war, das ist unser Hirte. Wir, seine hilflosen Schafe, sind nur sicher bei unserem Hirten. Jesus hatte Mitleid mit den Leuten, weil sie ohne Hirte waren: „und sie jammerten ihn, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.” (Mar.6,34 L17) Bleiben wir bei unserem Hirten! Nur dann können wir gerettet werden: „Der Herr, ihr Gott, verleiht ihnen an jenem Tag den Sieg; er rettet sein Volk wie eine Herde. Wie Edelsteine glänzen sie auf seinem Land.” (Zech. 9:16 HRD)
Marcelo Wall,
MBG Concordia
Dieser Artikel wurde entnommen aus der Mai-Juni Ausgabe der Zeitschrift Gemeinde unter dem Kreuz des Südens (GuKS) welche von der Vereinigung der Mennoniten Brüder Gemeinden Paraguays herausgegeben wird. HIER können sie die ganze Ausgabe lesen.